Zur Zeit haben die kommunistischen Staatsorgane eine große auf die Liquidation der Chronik der litauischen katholischen Kirche und der Zentren der religiösen Presse gerichtete Aktivität entwidselt: überwachte Personen werden zu den Staatsschutzkomitees zitiert, Haussuchungen werden durchgeführt, die Zahl der Verhafteten wächst, sorgfältig wird Material zum Prozeß Nr. 345 gesammelt.
Am 20. März 1974 führten Mitarbeiter des Staatssicherheitsdienstes eine Durchsuchung der Wohnung des ukrainischen Geistlichen Uladas Egolis in Kaunas durch. Die Beamten warfen Bücher durcheinander, beschädigten religiöse Bilder und nahmen alle Ersparnisse mit.
Am 20. März 1974 wurde auch eine Durchsuchung bei der Einwohnerin der Stadt Kaunas Brone Kazėlaitę, Vaistine Str. Nr. 4, durchgeführt. Während der Durchsuchung wurde sie in Anwesenheit einer Mitarbeiterin des Staatssicherheitsdienstes entkleidet. Die Agenten fanden beim Durchsuchen ihres Zimmers und ihrer Abstellkammer etwa 400 ungebundene Exemplare des Gebetbuches Melskimės (Lasset uns beten!) und einige auf der Schreibmaschine abgeschriebene Büchlein. Das alles wurde mitgenommen.
Am 20. März 1974 durchsuchten schließlich Beamte des Staatssicherheitsdienstes (4 Agenten) unter Leitung des Hauptmannes Pilialis Wohnung und Garage des Geistlichen S. Tamkevičius. Im Verlauf der Durchsuchung fanden die Agenten: 2 Nummern der Chronik der litauischen katholischen Kirche. Außerdem nahmen sie 10 Magnettonbänder und einige Aufsätze, z. B. Bažnyčia ir valstybe (Kirche und Staat), Reikia duoti pilna religinę laisvę (Man muß der Religion volle Freiheit geben) u. a. an sich. Die Durchsuchung währte 6 Stunden. Nach der Durchsuchung verbreitete der Parteigenosse M. Sirnuas das Gerücht, der Geistliche S. Tamkiavičius besitze einen Sender und übermittele Nachrichten ins Ausland, deshalb sei auch die Durchsuchung erfolgt.
Am 17. April wurde der Geistliche S. Tamkevičius zum Wilnaer Staatssicherheitskomitee bestellt und darüber befragt, was er über die Chronik der litauischen katholischen Kirche, über das geistliche Untergrundseminar und über anderes wisse.
Am 4. April 1974 führten 4 Agenten des Staatssicherheitsdienstes eine Durchsuchung beim Wilnaer Einwohner Matulionis durch, der sich in ärztlicher Behandlung in Druskininkai befindet. Man nahm ihm während der Durchsuchung sein privates Geld weg und einige Bücher religiösen Inhalts. Während der Vernehmung spotteten die Agenten über die religiösen Uberzeugungen des Matulionis. Nach der Vernehmung brachten sie ihn nach Vilnius und durchsuchten seine Wohnung. Im Protokoll wurde vermerkt, daß Wertgegenstände und religiöse Bücher nicht aufgefunden wurden. Am nächsten Tage wurde während des Verhörs bekannt, daß die Agenten des Staatssicherheitsdienstes in einer Abteilung der Bibliothek der Republik 2000 Gebet-Katechismus-Bücher in russischer Sprache an sich genommen hätten. Die Mitarbeiter dieser Abteilung, Opulskis, Čudakovas und Čiply, erklärten beim Verhör, daß die genannten Gebetbücher von Matulionis bestellt worden seien und daß er außerdem schon früher 200—300 Exemplare bestellt habe. Matulionis gab zu, daß er die Gebetbücher zu Geschenkzwecken bestellt habe, von irgendwelchen anderen religiösen Büchern aber wisse er nichts. Man legte ihm nahe, zu sagen, wer die russischen Gebetbücher verlangt habe, dann würde die Strafe sowohl für ihn, wie für den Drucker milder sein, der Besteller aber würde straflos bleiben.
Nach dreitägigem Verhören wurde es Matulionis gestattet, im Krankenhaus Druskininkiai weiter Heilung zu suchen.
Am 8. April 1974 führte der Hauptmann des Staatssicherheitsdienstes Markevičius mit einem zweiten Agenten eine Durchsuchung bei der Kanener Einwohnerin Ona Volskiene durch. Während der Durchsuchung nahmen sie eine Schreibmaschine an sich. Beim Verhör wurde der Volskiene vorgeworfen, sie habe die Nr. 6 der Chronik der litauischen katholischen Kirche umgeschrieben.
Am 9. April brachen 8 Agenten des Staatssicherheitsdienstes das gemietete Zimmerchen der Kanener Ärztin Saloneja Mikšyte in Kulautava auf und durchsuchten es. Am 10.—11. April durchsuchten sie es erneut. Mitgenommen wurde eine Schreibmaschine, mehrere Bücher religiösen Inhalts u. a.
Am 9. April wurde auch der Kanener Einwohner Virgilius Jaugelis zu Hause verhaftet. Unter Leitung des Hauptmanns des Staatssicherheitsdienstes Pielis erfolgte eine erneute Durchsuchung (vgl. Chronik der litauischen katholischen Kirche Nr. 8). V. Jaugelis wird des Verstoßes gegen den Abschnitt 68 des Strafgesetzes der Litauischen SSR beschuldigt. Zur Zeit wird er im Wilnaer Gefängnis des Staatssicherheitsdienstes festgehalten.
Am 24. April 1974 durchsuchte eine Abteilung von Agenten des Staats-sicherheitsdienstes die Wohnung des Juozas Gražys ( (Kaunas, Višinskis Str. 44). Bei der Durchsuchung der Zimmer befahlen die Agenten den J. Gražys in das zur Generalremonte anstehende Haus Zanavykai Str. 33 und führten dort eine sorgfältige Durchsuchung durch. Gefunden wurden Teile eines „Era"-Apparates, Schreibpapier und einige Exemplare des Buches O visgi šv. Rašstas teisus (Und dennoch hat die Heilige Schrift Recht). J. Gražys wurde verhaftet.
Am 24. April 1974 durchsuchten Agenten des Staatssicherheitsdienstes das Haus Nr. 113 an der Kalnecis Straße in Kaunas nebst Schuppen und Keller. Weggenommen wurden viele religiöse und andere wertvolle Bücher aus der Vorkriegszeit. Die Beamten behaupteten, in einem Zimmer dieses Hauses hätte irgendjemand irgendwann mit einer „Era" gearbeitet. Die Wohnungsinhaberinnen dieses Hauses wurden zwei Tage lang im Wilnaer Komitee für Staatssicherheit verhört, der dort wohnende Vilius Semaška drei Tage lang, nachts bewahrte man sie in Gasthäusern.
Verhörsbrocken
— Mütterchen, was hast du diese Nacht im Traume gesehen? — fragten zu einer Durchsuchung eintreffende Agenten.
· Meine Kleinen, ich sah im Traume fünf böse, hungrige Hunde, die mich zerreißen wollten.
· Wir werden dich nicht loslassen, — verkündete ein Verhörer.
· Ich weiß das, deshalb habe ich gestern Abend gebeichtet. Mein Gewissen ist ruhig.
· Wußtest du denn nicht, daß man sowas nicht tun darf? — fragte ein Verhörer und zeigte auf ein Gebetbuch.
· So hat der Zar gesprochen, aber wäre Mažvydas nicht gewesen, sprächen wir heute nicht litauisch.
Der Untersuchungsrichter Vilimas ging in der Mittagspause in den Speiseraum, um zu essen; da stahl ihm jemand den Mantel.
— Möglicherweise haben die Katholiken sich damit an dir rächen wollen, lachten seine Genossen, die Agenten.
Katholiken kennen keine Rache, sie würden aber doch gerne raten: „Fangt die Diebe und nicht die Gebetbücher, dann brauchtet ihr möglicherweise nicht ohne Mantel heimzukehren."
· Schämst du dich nicht, — sagte ein Agent — du hast die Universität absolviert und wirst nun ruhmlos dein Leben im Gefängnis beenden.
· Ich bin dazu bereit, Ich habe sogar schon ein Butterbrot in der Tasche.